Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen ist Stricken. Richtig gelesen, stricken. So mit Nadeln, Wolle, Muster oder einem Plan im Kopf und dann gehts los.
Masche für Masche abstricken, wie sie erscheinen. Es macht Spaß, lässt mich erholen und ab und zu auch wegträumen, grade dann, wenn das Muster keine besondere Aufmerksamkeit von mir fordert.
Es ist mir auch zu einem Sinnbild für mich, mein Leben und meinen Alltag geworden, das Stricken.
Wenn wir beginnen, dann legen wir eine Form, ein Ergebnis fest, dafür werden Maschen angeschlagen, das Muster geprüft und genau befolgt. Doch es kommt vor, dass sich ein Fehler einstrickt. Dass man das Muster in seiner Reihenfolge verwechselt und dann ist das Ergebnis plötzlich ein anderes, wie es geplant war. Was ist zu tun? Auftrennen, neu anfangen? Den Fehler ignorieren, fröhlich weiter machen und es erklären, dass es so gehört und nicht anders?
Wie oft machen wir das auch mit Verhaltensweisen, Angewohnheiten oder Unarten in unserem Leben? Wie oft entschuldigen wir sie, beheben sie aber nicht? Die Besserwisserei, das Tratschen über andere, das sich zurück ziehen, wenn wir verletzt sind? Das aufbrausende Verhalten, das Schreien oder das Heulen?
All solche Reaktionen können ein Musterfehler sein, den wir beharrlich weiterstricken. Wenn wir uns nicht klar machen wollen, wo der Fehler im Muster liegt. Dann wäre es vielleicht dran, einen Musterwechsel zu beginnen, da wo man gerade ist, es verändern und nach einem neuen Plan stricken? Das kostet Mut und Kraft und Zeit. Aber es lohnt sich.
Habe ich mich auf ein Muster eingestrickt, dann fällt es leicht vor sich hin zu nadeln, es weiter zu machen. Was aber wenn ein Musterwechsel vorgegeben ist? Das ist im ersten Moment anstrengend, das heißt für mich, genau hinsehen, zählen, langsam machen, bis ich es wieder verinnerlicht habe.
So kann es auch im Leben sein, eine Krise zwingt uns eine andere Maschenfolge auf. Berufs- oder Ortswechsel bringen uns aus dem Tritt. Neue Lebenssituation erfordert besondere Aufmerksamkeit von mir, wie der Musterwechsel. Doch habe ich das neue Muster verinnerlicht, mich mit ihm versöhnt, dann geht es auch flott weiter.
Und was mache ich, wenn mir eine Masche runtergefallen ist, sich ein Loch bildet? Dann heißt es den Faden, die Masche wieder aufnehmen. Ihr förmlich nachgehen bis dorthin, wo sie „liegengeblieben ist“. So kann es mit Freundschaften und Beziehungen gehen. So kann sich eine Gemeinschaft verhalten und ergeben, man fällt aus der Reihe. Die Frage ist wer fängt mich auf? Wer geht mir nach? Trägt die Freundschaft, die oft bekundet wird in der Krise, in der Ferne und wenn der andere schweigt?
Werde ich aufgefangen oder liegen gelassen? Fange ich andere auf oder lasse ich sie liegen und gewöhne mich an das Loch das im Leben, im Stickstück bleibt?
Stricken hat viel mit uns und unserem Leben zu tun. Deswegen ist es immer wieder gut, dem Fadenverlauf zu folgen, dem Musterwechsel zu zustimmen und geduldig Masche für Masche und Reihe für Reihe stricken. Denn am Ende freuen wir uns über das fertige Werk.
Photo by Karen Penroz on Unsplash
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